Ja, sehr geehrte Damen und Herren,
ja, liebe Kolleginnen und Kollegen,
in unserer Kanzleiinformation USt 2017 Nr. 1 vom 11.2.2017 hatten wir über das Urteil vom 9.6.2016 des Sächsischen FG berichtet, dies entschied, zur Erinnerung:

(1) Erwirbt ein Unternehmer aufgrund ausdrücklichen Auftrags eines Kunden für diesen Eintrittskarten für eine kulturelle Veranstaltung einer öffentlichen Einrichtung, liegt ein Fall der Dienstleistungskommission vor (§ 3 Abs. 11 UStG).
(2) In diesem Fall gilt die Leistung der öffentlichen Einrichtung als durch den Unternehmer erbracht mit der Folge, dass die Steuerbefreiungsvorschrift des UStG greift (§ 4 Nr. 20 a UStG).

Wie in der damaligen Kanzleiinformation schon angedeutet, wurde die Entscheidung in der deutschen Fachliteratur veröffentlicht, dort erschien auch folgende Anmerkung von Dr. Michael Hennigfeld, Richter am FG, die wir leicht gekürzt, widergeben wollen:

I. Sachverhalt
Die Klägerin betrieb einen Hotelservice. Daneben erwarb sie im jeweiligen Auftrag ihrer Gäste Eintrittskarten der Sächsischen Oper. Die Kunden zahlten der Klägerin hierfür den Eintrittspreis zzgl. einer variablen Gebühr für den Aufwand der Kartenbesorgung. Die Klägerin behandelte die hiermit im Zusammenhang stehenden Umsätze als steuerfrei. Das FA vertrat hingegen die Auffassung, es lägen steuerpflichtige Umsätze vor, da die Klägerin beim Kauf der Eintrittskarten auf eigene Rechnung gehandelt habe. Sie habe das volle Unternehmerrisiko getragen, da im Fall der Nichtabnahme der Karten durch den Kunden eine Rückgabe an den Veranstalter nicht möglich gewesen sei. Selbst wenn man ein Handeln auf fremde
Rechnung unterstelle, käme eine Steuerbefreiung nicht in Betracht, da die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 20 a UStG nicht greife, da diese voraussetze, dass der Umsatz von einer kulturellen öffentlichen Einrichtung erbracht werde.

II. Die Entscheidung des FG
Das FG gab der Klage statt. Die Klägerin sei gem. § 3 Abs. 11 UStG in die Erbringung der Leistung der Sächsischen Oper an den jeweiligen Endkunden eingeschaltet gewesen, so dass die Leistung der Oper gemäß der Fiktion der Vorschrift als von der Klägerin erbracht anzusehen sei. Dass die Klägerin üblicherweise eine Aufwandsentschädigung im Zusammenhang mit der Eintrittskartenbesorgung erhalten habe, mache sie nicht zum Eigenhändler. § 396 HGB billige einem Kommissionär, der definitionsgemäß stets für fremde Rechnung handele, einen Aufwendungsersatzanspruch zu. Die die mit der Leistung der Sächsischen Oper aufgrund der Fiktion identische Leistung der Klägerin an die Auftraggeber sei jedoch gem. § 4 Nr. 20 a Satz 1 UStG steuerfrei. Nach dieser Bestimmung würden Umsätze staatlicher Opernhäuser erfasst. Die Vorschrift definiere kein personenbezogenes Merkmal, welches die Wirkung der Fiktion gem. § 3 Abs. 11 UStG beschränken würde. Damit sei die Steuerbefreiungsvorschrift auch auf die Klägerin anwendbar, obwohl sie keine öffentliche Einrichtung sei.

III. Einordnung und Würdigung der Entscheidung
§ 3 Abs. 11 UStG regelt die Dienstleistungskommission. Die Vorschrift fingiert, dass, wenn ein Unternehmer in die Erbringung einer Leistung eines anderen eingeschaltet wird und er zwar im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt, die Leistung zugleich als an den und von dem zwischengeschalteten Unternehmer erbracht gilt. Im Fall bedeutet dies, dass die Leistung der Oper (also die Aufführung) als von der Klägerin erbracht galt. Insofern stellte sich die Frage, ob in der Folge auch die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 20 a UStG, die zu Gunsten der Oper greift, auch zu Gunsten der Klägerin anzuwenden war. Die Fiktion des § 3 Abs. 11 UStG bezieht sich auf die Leistung selbst und deren Inhalt, grundsätzlich aber nicht auf die leistenden Personen (…). Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Anknüpfung der Steuerbefreiungsvorschrift an Umsätze von öffentlichen Einrichtungen kein personenbezogenes Merkmal darstelle, so dass auch die Klägerin in den Genuss der Steuerbefreiung kam. Die Entscheidung dürfte nur die seltenen Konstellationen betreffen, in denen jemand Eintrittskarten nur aufgrund ausdrücklichen Auftrags eines Kunden besorgt. Wer jedoch von sich aus Eintrittskarten für Veranstaltungen bereithält und anbietet, wird nicht für fremde Rechnung tätig, so dass die Fiktionsvorschrift des § 3 Abs. 11 UStG nicht greift und in der Folge sich die Frage nach der Steuerbefreiung einer fingierten Leistung nicht stellt.

IV. Hinweise für die Praxis
Das FG hat die Revision zugelassen. Derzeit ist allerdings nicht ersichtlich, dass ein Revisionsverfahren tatsächlich geführt wird.

Anmerkung:
Sollte das FA die Revision „durchziehen“, dann wird der BFH folgende Frage beantworten müssen:
„Sind Leistungen im Zusammenhang mit der Besorgung von Eintrittskarten für Konzerte im Auftrag von Hotelgästen umsatzsteuerfrei?“

Wir werden in unseren Kanzleiinformationen weiter berichten.

Und:
Sie/wir sollten überlegen, ob es nicht auch bei uns Reisebüros und bei uns Reiseveranstalter (sei es auch nur hin und wieder) möglich ist, dass wir eine Leistung auf ausdrücklichem Wunsch des Kunden für diesen „besorgen“. Das könnte nicht unerhebliche steuerliche Auswirkungen haben. Heute befassten wir uns mit umsatzsteuerrechtlichen Auswirkungen, denkbar sind aber auch gewerbesteuerrechtliche Auswirkungen, denken Sie nur an die missliche Sache mit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung.

Bonn, den 18. Februar 2017

verantwortlich für Redaktion und Inhalt: Steuerberater Heribert Kohl, Grootestrasse 97, 53121 Bonn