Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir bekennen es, wir gestehen es, auf eine Entscheidung des FG Köln hätten wir bereits vor langer Zeit hinweisen können/müssen, denn die Entscheidung ist uns seit langer Zeit bekannt, selbst das vollständige Urteil liegt uns seit langer Zeit vor.

Auf die Entscheidung des FG Köln hatten wir Sie bereits in unserer Kanzleiinformation „Bonn, den 19.11.2016“ (Tz. 3 auf Seite 3) hingewiesen. Es geht, wieder einmal/noch immer um das leidige Thema der

gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen bei Reisebüros!

Ja, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie lesen richtig, in unserer heutigen Kanzleiinformation geht es um die gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnungen bei einem Reisebüro und nicht, wie ja eigentlich zu erwarten wäre, bei einem Reiseveranstalter!

Das FG Köln entschied in seinem Urteil vom 16.6.2016:

Eine entgeltliche Nutzung von Computer- bzw. Datenbanksystemen führt nicht zu Aufwendungen, die bei der Gewerbesteuer zu Hinzurechnung führen, wenn der Schwerpunkt der Leistung in der Erbringung einer Dienstleistung und nicht in einer Rechteüberlassung liegt.

Eine Rechteüberlassung erfordert die Einräumung einer Nutzungs- Abwehrbefugnis.

Der wirtschaftliche Gehalt eines Entgelts ist unabhängig von der zivilrechtlichen Ausgestaltung und unabhängig von der bilanzsteuerrechtlichen sowie einkommensteuerrechtlichen Würdigung zu erfassen. Nicht jedes bilanzierungsfähige immaterielle Wirtschaftsgut führt im Fall der entgeltlichen Überlassung zu einer Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer.

Was war geschehen?

Die Haupttätigkeit der Klägerin (ein Reisebüro in der Rechtsform einer GmbH) ist die Vermittlung von Reisen. Der Vertrieb erfolgt u.a. über Computerreservierungssystem (CRS) von XY. Das Reisebüro stellt konkrete Reiseprodukte in das – auf Servern von XY betriebene – CRS ein. Andere Reisebüros können hierauf zugreifen und Buchungen vornehmen. Bei erfolgreicher Buchung versendet das klagende Reisebüro eine Buchungsbestätigung nebst Rechnung an das vermittelnde Reisebüro, vereinnahmt das Reiseentgelt vom Reisenden und leitet dieses an den Reiseveranstalter weiter.

Vom Reiseveranstalter erhält das klagende Reisebüro für seine Leistung eine Provision. Das klagende Reisebüro selbst zahlt zudem Provision an die anderen, vermittelnden Reisebüros. XY schuldet lediglich die Übertragung der jeweiligen Daten sowie die Nutzungsmöglichkeit der zur Verfügung gestellten Software. Für die Nutzung des CRS leistet das klagende Reisebüro transaktionsabhängige Zahlungen XY, die das Reisebüro als Aufwand verbucht.

Nach einer steuerlichen Betriebsprüfung berücksichtigte das FA ein Viertel der transaktionsabhängigen Zahlungen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags als Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten. Das klagende Reisebüro macht geltend, dass XY ihr kein zeitlich befristetes Recht im Sinne eines Nutzungsrechts im urheberrechtlichen Sinne überlassen habe. Sie beziehe von XY keine Rechte zur Software-Nutzung, sondern eine Dienstleistung.

Soweit das klagende Reisebüro zugleich Entgelte für die Nutzung des CRS als Abfragende und nicht als Einstellende gezahlt hat, wurden diese Zahlungen (prozentual) bei der Gewerbesteuer hinzugerechnet.

Das FG Köln:

Die Klage des Reisebüros gegen sein Finanzamt ist begründet, das FG entschied wie oben widergegeben.

Anmerkungen:

1. Das vollständige Urteil liegt uns seit Oktober 2016 vor, wir werden daraus in einer der nächsten Kanzleiinformationen ausführlich zitieren.

2. Im November 2016 wurde die Entscheidung des FG Köln auch bereits in der steuerlichen Fachliteratur veröffentlicht. In der Zeitschrift „Entscheidungen der Finanzgerichte“ (EFG) Heft 20/2016 wurde zu dieser Entscheidung auch eine „Anmerkung“ von Richter Dr. Tibor Schober veröffentlicht. Auch hieraus werden wir in einer der nachfolgenden Kanzleiinformationen berichten.

3. Die Entscheidung des FG Köln ist nicht rechtskräftig! Das FG Köln ließ die Revision zum BFH zu, dieser wird irgendwann folgende Fragen entscheiden müssen:
– Unterliegen Zahlungen im Zusammenhang mit computerisierten Reiseinformations- und -Vertriebssystemen einer Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer?
– Wie ist der Begriff des Rechts im Gewerbesteuergesetz auszulegen und gegenüber bloßen tatsächlichen Nutzungsmöglichkeiten sowie Dienstleistungen abzugrenzen?

Es kommen also auf Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, in Kürze weitere Kanzleiinformationen mit dem leidigen Thema der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnungen zu.
Bonn, den 22. Juli 2017 (Stand: 20.10.2016)

verantwortlich für Redaktion und Inhalt: Steuerberater Heribert Kohl, Grootestrasse 97, 53121 Bonn