Aktuelles – Akt 2017 Nr. 23 –

Arbeitgeber unterstützt die Weiterbildung des Arbeitnehmers

Die OFD NRW hat in einer Kurzinformation vom 25.10.2017 mitgeteilt, dass ihr zunehmend Sachverhalte vorgetragen werden, in denen es darum geht, dass der Arbeitgeber (Reisebüros oder Reiseveranstalter) die Studiengebühren für ein berufsbegleitendes (Zweit-)Studium bzw. die Kosten für eine Fort-/Weiterbildung der Mitarbeiter übernimmt.

Nach Meinung der OFD NRW liegt die Besonderheit der Fälle darin, dass die Kostenerstattung vom erfolgreichen Bestehen der Abschlussprüfung abhängig gemacht wird. Die einkommensteuerliche Beurteilung solcher Sachverhalte soll durch folgendes Beispiel dargestellt werden:

Der Mitarbeiter M. ist seit vielen Jahren bei einem Reisebüro und Reiseveranstalter beschäftigt, er legte vor vielen Jahren die Prüfung zum Reiseverkehrskaufmann ab. In der Zeit von September 2014 bis Juli 2016 nahm der Mitarbeiter M. an einem berufsbegleitendem Studium zum Tourismusfachwirt teil.

Im Jahr 2014 wurde zwischen Reiseveranstalter und Mitarbeiter vereinbart: Wenn der Mitarbeiter die Prüfung zum Tourismusfachwirt besteht, erstattet ihm der Reiseveranstalter sowohl die angefallenen Lehrgangs- als auch die entstandenen Prüfungsgebühren.

2014: Der Mitarbeiter M. des Reiseveranstalters machte im Rahmen seiner ESt-Erklärung Fortbildungskosten iHv EUR 2.000,– steuermindernd geltend, das FA akzeptierte dies, der ESt-Steuerbescheid für das Jahr 2014 wurde bestandskräftig.

2015: Im Jahr 2015 entstanden dem Mitarbeiter weitere Werbungskosten iHv EUR 4.000,–, die er als Fortbildungskosten in seiner ESt-Erklärung 2015 geltend machte, auch dies wurde vom FA anerkannt, auch der ESt-Bescheid 2015 wurde bestandskräftig.

2016: Der Mitarbeiter M. des Reiseveranstalters besteht im Juli 2016 die Prüfung zum Tourismusfachwirt. Bis zum Bestehen der Prüfung waren dem Mitarbeiter in 2016 weitere Fortbildungskosten iHv EUR 3.000,– entstanden. Der Reiseveranstalter nun erstattet im August 2016 seinem Mitarbeiter die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren iHv EUR 5.000,–. Die ESt-Veranlagung des Mitarbeiters für 2016 ist noch nicht abgeschlossen.

Es stellt sich jetzt folgende Frage:
Wie ist die Erstattung der Lehrgangs- und Prüfungsgebühren iHv EUR 5.000,– vom Reiseveranstalter an den Mitarbeiter M. im August 2016 steuerlich zu behandeln?

Unbestritten ist natürlich, dass dem Mitarbeiter in den Jahren 2014, 2015 und 2016 der Werbungskostenabzug der o.g. Beträge zustand und auch bestehen bleibt! Die Berücksichtigung dieser Werbungskosten im Jahr der Zahlung der Fortbildungskosten bleibt durch die Kostenerstattung des Reiseveranstalter-Arbeitgebers nämlich unberührt.

Und nun: Wird eine Bildungsmaßnahme im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Reiseveranstalters durchgeführt, führt die Kostenübernahme durch den Reiseveranstalter n i c h t zu steuerpflichtigem (und ggf. auch sozialversicherungspflichtigem) Arbeitslohn des Mitarbeiters. Das gilt auch wenn die Rechnung des Fortbildungsinstituts an den Mitarbeiter selbst gerichtet ist und der Reiseveranstalter die Übernahme bzw. den Ersatz der Ausgaben des Mitarbeiters, sei es ganz allgemein oder sei es für die besondere Bildungsmaßnahme, vor Vertragsabschluss (des Mitarbeiters mit dem Fortbildungsinstituts) schriftlich zugesagt hat (s. auch Abschn. 19.7 Abs. 1 LStR).

In einem Schreiben vom 13.4.2012 hat auch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ganz speziell zu der lohnsteuerlichen Behandlung der Übernahme von Studiengebühren für ein berufsbegleitendes Studium durch den Arbeitgeber Stellung genommen. Dort wird ebenfalls darauf abgestellt, dass der Arbeitgeber vorab die Übernahme der zukünftig entstehenden Studiengebühren schriftlich zugesagt hat.

Auf gar keinen Fall darf aber beim FA der Eindruck entstehen, dass es sich bei der Zahlung des Reiseveranstalters an den Mitarbeiter nur um einen „Bonus“ für das Bestehen der Prüfung handelt. Es muss sich bei der Zahlung des Reiseveranstalters an den Mitarbeiter um eine bedingungslose, von vorherein schriftlich vereinbarte Kostenübernahme handeln. Ist nämlich die (spätere) Zahlung des Reiseveranstalters an den Mitarbeiter (nur) erfolgt unter der Voraussetzung des Bestehens der Prüfung, dann handelt es sich um den oben bereits benannten „Bonus“.

Für unser Beispiel würde das dann bedeuten, dass in 2016 die Zahlung des Reiseveranstalters an seinen Mitarbeiter bei diesem zu steuerpflichtigen (und ggf. sozialversicherungspflichtigen) Arbeitslohn führt. Dann sind derartige Erstattungen des Arbeitgebers steuerpflichtige Einnahmen beim Arbeitnehmer, und zwar bei der Einkunftsart, bei der die Aufwendungen zuvor als Werbungskosten abgezogen wurden. In unserem Beispiel wären dies Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Fazit:
Wenn Sie also als Reisebüro und/oder Reiseveranstalter mit dem Gedanken spielen, einen Mitarbeiter bei seiner Fort- oder Weiterbildung finanziell zu unterstützen, so muss dies vorher schriftlich und „hieb- und stichfest“ vereinbart werden. Wenn dies alles erfolgt, dann unterliegt die Zahlung des Reiseveranstalters an den Mitarbeiter weder der Lohnsteuer noch der Sozialversicherung.
Sollte aber die Zahlung des Reisebüros/Reiseveranstalters nur unter der Bedingung erfolgen, dass unser Mitarbeiter seine Prüfung besteht, dann ist die Gefahr groß, dass die Zahlung des Arbeitgebers im Monat/Jahr der Zahlung sowohl der Lohnsteuer als auch ggf. der Sozialversicherung unterliegt.

Wir hoffen, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir auch in unserer heutigen Kanzleiinformation bei Ihnen das Problembewusstsein geweckt bzw. verstärkt haben.

Bonn, den 6. Dezember 2017

verantwortlich für Redaktion und Inhalt: Steuerberater Heribert Kohl, Grootestrasse 97, 53121 Bonn