Vom Big Apple inspiriert - auf einen Kaffee mit Tanja Bauer-Glück

Bauer Business Beratung

Ansprechpartner: Tanja Bauer-Glück
Position: Inhaberin
Adresse: Nikolaus-Kopernikus-Strasse 4,
55129 Mainz
Telefon: +49 6131 2077062
E-Mail: an Tanja Bauer-Glück
Website: www.business-beratung-mainz.de

 

Liebe Tanja,
vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für einen virtuellen Flug mit mir nach New York nimmst. Warum New York?

New York ist für mich zur zweiten Heimat geworden. Ich liebe die Atmosphäre und den „New York way of life“. Schnell, inspirierend, vibrierend und faszinierend. Die Gegensätze, immer was Neues und doch altbekannt und verlässlich. Einfach toll! So, let´s fasten the seatbelts, we´re ready for takeoff. Aber du weißt ja, während Start und Landung muss ich aus dem Fenster sehen – da kann ich nicht sprechen und möchte nur genießen. Ich liebe fliegen. Unter anderem ein Grund, warum ich der Tourismusbranche treu bleibe.

  1. Was hat dich dazu motiviert, Mitglied im ASR zu werden, und welche Vorteile siehst du in der Mitgliedschaft?
    Ich habe den asr als nahbaren, flexiblen Verband kennengelernt, der sich aktiv für die mittelständischen Reiseunternehmen einsetzt. Die Akteur*innen sind alle Unternehmer*innen, bodenständig, kommunikativ, weit vernetzt und engagiert. Ihr macht kleine und mittelständische Unternehmen sichtbar und das finde ich sehr wichtig. Da möchte ich unbedingt dabei sein und mitmachen.
  2. Wie unterstützt du als Mitglied des ASR andere selbständige Reiseunternehmen und die Tourismusbranche im Allgemeinen?
    Ich greife das Wort „mitmachen“ nochmal auf. Ich bin seit mehr als 15 Jahren in mittelständischen touristischen Unternehmen tätig gewesen, bevor ich mich vor mehr als 10 Jahren selbstständig gemacht habe. Anpacken und machen sind für mich Schlüsselwörter als Unternehmerin. Als Business- und Leadership Coach arbeite ich mit Unternehmer*innen und Führungskräften aus mittelständischen Unternehmen. Beispielsweise organisiere ich regelmäßig Workshops zu Themen wie Führungskompetenz und Change Management und biete individuelle Coachings an, um die Entwicklung der Unternehmen aktiv zu fördern. Im asr habe ich die Möglichkeit, meine Kompetenz einzubringen und aktiv mitzugestalten. Das ist doch eine Win-Win Situation. Ich kann dem asr etwas geben und bekomme gleichzeitig Sichtbarkeit für die Bauer Business Beratung. Perfekt, oder?
  3. Ein Thema, in dem Du Dich besonders engagierst, ist Diversity, Equity und Inclusion. Wie bewertest du die aktuelle Situation in der Tourismusbranche in Bezug auf Diversity und Inklusion? Wo siehst du die größten Fortschritte und wo gibt es noch Nachholbedarf?
    Eigentlich sollte man annehmen, dass die Branche aufgrund ihrer Tätigkeit bereits sehr divers aufgestellt ist. Leider stelle ich immer wieder fest, dass dem nicht so ist. Die Strukturen sind überwiegend heteronormativ männlich-weiß dominiert. Studien zeigen, dass in 80% der Unternehmen Führungspositionen vorwiegend von Männern besetzt sind, und der Anteil von Frauen in Führungsrollen liegt unter 30%. Natürlich gibt es Ansätze, das zu ändern, allerdings wendet man den großen, schweren Dampfer Tourismusbranche nur sehr langsam, weil er so schwerfällig ist. Wir rühmen uns sehr gerne damit, dass der Frauenanteil sowie der LGBTIQ+ Anteil hoch ist, jedoch fehlt es hier an Chancengleichheit und Gleichberechtigung. Wir haben einen sehr geringen Anteil an Frauen in Führungspositionen, ganz zu schweigen von den anderen Diversity-Dimensionen. Die Bereitschaft, sich für diese Themen zu öffnen, nimmt zu, was wichtig ist vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und der Notwendigkeit, für junge Menschen eine attraktive Branche zu sein. Die Sache ist die: DEI muss gelebt werden, sie muss in die Unternehmenskultur einziehen und dort fest verankert sein. Es reicht nicht, den Regenbogen irgendwo hinzumalen. Es bedarf viel Knowhow, Neugierde und Verständnis.
  4. Hat die Tourismusbranche bereits erfolgreiche Beispiele für Diversity-Strategien?
    Ja, es gibt wunderbare Initiativen wie zum Beispiel „Move for female Transformation“, die der BTW zusammen mit der Hochschule Eberswalde ins Leben gerufen hat. Hier geht es darum, in den Unternehmen die Aufmerksamkeit auf die Förderung weiblicher Führungskräfte zu lenken. Von diesen Initiativen würde ich gerne noch viel mehr sehen. Ein weiteres Beispiel ist das Projekt „Inclusive Tourism“, das in Zusammenarbeit mit verschiedenen NGOs entwickelt wurde, um Reisepakete für Menschen mit Behinderungen zu schaffen.
  5. Welche Rolle spielt Diversity für die Attraktivität von Reiseunternehmen als Arbeitgeber und wie können Unternehmen dies aktiv fördern?
    Unsere Gesellschaft ist divers. D.h. wir sind vielfältig in örtlicher und sozialer Herkunft, in unseren Lebensweisen und Ansichten. Überlege doch mal, welches Potenzial in das Unternehmen kommt. Ideen, Innovation und Knowhow. Wenn wir das Denkmuster „Gleich und Gleich gesellt sich gerne“ aufgeben und mehr Wert auf Ergänzung legen, entsteht ein echter Wettbewerbsvorteil: Nämlich Mitarbeiter*innen, die sich wohl und gesehen fühlen und dadurch ein starkes Team bilden. Einige Unternehmen führen bereits Diversity-Workshops durch und entwickeln Mentoring-Programme, um die Mitarbeiterbindung zu erhöhen und vielfältigere Teams zu fördern.
  6. Können kleine und mittelständische Reiseunternehmen Diversity-Initiativen implementieren?
    Natürlich! Es gibt sogar ganz einfache Möglichkeiten: Bezahlt die Mitarbeiter*innen entsprechend ihrer Position, unabhängig vom Geschlecht. Stellt Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen her (Elternzeit, Rückkehr ins Unternehmen nach der Elternzeit etc.). Wählt eine inklusive Ansprache und versucht dies vorurteilsfrei einfach zu tun. Und das Wichtigste: Reflektiert euch regelmäßig: Warum denke ich, was ich denke, und tut es mir weh, eine andere Denkweise zu adaptieren, wenn es einen anderen Menschen glücklich macht? Ein Beispiel sind Reiseunternehmen, die eine Diversity-Richtlinie eingeführt haben, in der festgelegt ist, dass alle Werbematerialien verschiedene Ethnien und Geschlechter umfassen müssen.
  7. Brauchen Mitarbeitende im Tourismus mehr interkulturelle Kompetenz?
    Unbedingt! Interkulturelle Kompetenz ermöglicht es den Mitarbeiter*innen, eine hohe Servicequalität zu gewährleisten, kulturelle Missverständnisse zu vermeiden und sowohl mit internationalen Kunden als auch in multikulturellen Teams effektiv zu arbeiten. Unternehmen könnten hier beispielsweise Schulungen und Zertifikate für interkulturelle Kommunikation anbieten.
  8. Du hast oft berichtet, dass wir von Amerika, insbesondere von deiner Lieblingsstadt New York, in Bezug auf Diversity und Toleranz viel lernen können. Kannst du uns Beispiele nennen, die dich besonders inspiriert haben, und wie wir diese Ansätze hier umsetzen können?
    New York ist eine Stadt, in der viele Kulturen auf einem Fleck leben. Mit allen Vor- und Nachteilen. Eine Sache sticht mir dabei immer wieder ins Auge: Die hohe Toleranz für Menschen, die anders sind. Es ist einfach so und es wird viel mehr einfach als gegeben hingenommen. New York ist Heimat für Menschen aus nahezu allen Ländern der Welt. Die Stadt hat große Gemeinschaften von Einwanderern aus Asien, Lateinamerika, Afrika, dem Nahen Osten und Europa. Stadtteile wie Chinatown, Little Italy, Harlem, Little India in Jackson Heights und viele andere spiegeln die kulturelle Vielfalt wider. In New York werden über 800 Sprachen gesprochen, was es zur sprachlich vielfältigsten Stadt der Welt macht. Die Vielfalt New Yorks ist eine seiner größten Stärken und prägt die Stadt in vielerlei Hinsicht. Sie trägt zur Dynamik, Kreativität und Lebendigkeit der Stadt bei und macht New York zu einem einzigartigen Ort, an dem Menschen aus verschiedenen Kulturen, Religionen und sozialen Hintergründen zusammenleben und sich gegenseitig bereichern. Was wir hier umsetzen können? Offene Dialoge, kulturelle Festivals und die bewusste Förderung von Vielfalt in allen Ebenen des Unternehmens.
  9. Wie können Tourismusunternehmen sicherstellen, dass ihre Marketing- und Kommunikationsstrategien inklusiv sind?
    Eine genaue Identifikation und Analyse der Zielgruppe ist wichtig. Hier spielt die Sprache eine wichtige Rolle, denn über diese inkludiere oder exkludieren wir Menschen. Ich möchte das große Fass des Genderns nicht aufmachen. Nur ein Gedanke dazu: Wenn wir eine Veränderung der „guten alten deutschen Sprache“ nicht zulassen, behalten wir auch die Unsichtbarkeit von Menschen bei, die noch nie sichtbar waren. Ist das zuträglich für erfolgreiche Unternehmen? Potenzielle Mitarbeiter*innen und Kund*innen werden kategorisch ausgeschlossen. Ist das sinnvoll? Auch visuelle Repräsentation ist wichtig – Bilder und Videos sollten die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln.
  10. Planst Du weitere Projekte oder Initiativen, um die Diversity-Strategien im Tourismus weiter voranzutreiben?
    Ich möchte Unternehmer*innen und interessierten Menschen im Tourismus gerne dabei unterstützen, stabile und nachhaltige Diversity-Strategien zu implementieren und vor allem ein Umdenken anzuregen. Denn damit beginnt ein Veränderungsprozess. Aktuell arbeite ich an einem Projekt, das Workshops für Tourismusunternehmen anbietet, um ihnen zu helfen, ihre DEI-Richtlinien zu überdenken und neu zu gestalten.
  11. Gibt es noch etwas, das du unseren Mitgliedern mit auf den Weg geben möchtest, um Diversity und Inklusion in ihren eigenen Unternehmen zu fördern?
    Offen sein für Veränderung, einander zuhören und mehr miteinander reden – das sind wichtige Strategien auf dem Weg zu mehr Diversität. Denn zuallererst muss der Kopf bereit sein, neue Gedanken aufzunehmen und sich nicht abzulehnen, weil sie unbekannt sind. Erfolgreiche Unternehmen brauchen Diversität, weil alle Menschen im Unternehmen wichtig sind. Ein erster Schritt könnte sein, eine interne Arbeitsgruppe zu bilden, die sich ausschließlich mit Diversity-Themen beschäftigt und regelmäßig über Fortschritte berichtet.

 

Das Interview wurde im Juli 2024 durch asr Präsidentin Anke Budde durchgeführt. Herzlichen Dank an Tanja Bauer-Glück für das nette Gespräch.