Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute wollen wir über eine Entscheidung des BGH informieren, die zwar bereits vor langer Zeit gefällt wurde, jedoch vor nicht allzu langer Zeit erst veröffentlicht wurde. Der BGH befasste sich mit der Frage:

Unklare Gestaltung eines elektronischen Flugbuchungsvorgangs – Servicepauschale –

und der BGH entschied:

(1) Die Gestaltung eines Buchungsvorgangs für Flugdienste verstößt gegen das Gebot der klaren, transparenten und eindeutigen Mitteilung von fakultativen Zusatzkosten, wenn der Verbraucher, der eine fakultative Leistung (hier: Reiserücktrittskostenversicherung) zuvor bereits abgewählt hat, im weiteren Verlauf über die erneute Notwendigkeit der Abwahl der Leistung getäuscht wird.
(2) Eine Servicepauschale, die Kunden nur im Falle der Wahl eines von mehreren möglichen Zahlungsmitteln (hier: eine bestimmte Kreditkarten) erlassen wird und die bei Bezahlung mit anderen Zahlungsmitteln entrichtet werden muss, ist ein unvermeidbares und vorhersagbares Entgelt, das in den Endpreis einzurechnen ist. Entgelte sind nicht nur dann unvermeidbar im Sinne dieser Vorschrift, wenn jeder Kunde sie aufzuwenden hat, sondern grundsätzlich bereits dann, wenn jeder Kunde sie vermeiden kann.

Was war geschehen?

Der Kläger ist der Dachverband von 16 Verbraucherzentralen und weiteren Verbraucherorganisationen in Deutschland. Die in London ansässige Beklagte betreibt ein Internetportal, über das Reiseleistungen gebucht werden können. Der Buchungsablauf erfolgt derart, dass die Buchung eines Fluges nur fortgesetzt werden kann, wenn der Besucher des Portals in den Block unter der Überschrift „Wir empfehlen den Abschluss einer Reiseversicherung“ sich durch Anklicken für eine der drei Möglichkeiten entscheidet: „Reiserücktrittsversicherung“, „Reiseschutz- und Rücktrittsversicherung“, „Ich verzichte ausdrücklich auf den angebotenen Reiseschutz und zahle im Notfall alle Kosten selbst“.

Entscheidet sich der Nutzer durch Anklicken für die letzte Möglichkeit, erscheint ein Fenster mit der Überschrift „Sie haben sich entschieden, ohne Versicherung zu verreisen“. In dem Fenster wird der Buchungsinteressent darauf hingewiesen, dass bei einer Stornierung durchschnittlich Kosten iHv EUR 275 anfallen, in einigen Fällen aber deutlich mehr.

Ferner weist das Buchungsportal nochmals auf die für EUR 9 erhältliche Reiseversicherung hin. Ein orange unterlegtes Feld rechts unten trägt die Aufschrift „Weiter — Ich möchte abgesichert sein“. Links befindet sich das nicht farblich unterlegte und in kleinerer Schrift gehaltene Feld „Weiter ohne Versicherung“.

Sucht der Nutzer nach günstigen Flügen zu einem bestimmten Zielort, weist die Trefferliste in einem ersten Buchungsschritt Preise aus, denen die automatische Voreinstellung „Gewählte Zahlungsart American Express“ zugrunde liegt. Dies wird in einem sog. Zahlungsfilter auf der linken Seite des Bildschirms angezeigt. Unterhalb des jeweiligen Suchergebnisses befindet sich der Hinweis: „Der günstigste Gesamtpreis wurde für Sie ausgewählt. Dieser gilt bei Zahlung mit der günstigsten Zahlungsart. Der ‚Zahlungsfilter‘ zeigt Preise mit anderen Zahlungsarten.“

Zahlt der Kunde nicht mit der Kreditkarte American Express, fallen ein zusätzliches Zahlungsentgelt und eine Servicegebühr an. Wählt der Nutzer eine andere Zahlungsart als American Express und wählt er das Feld „Neue Preisberechnung“, werden die Suchergebnisse zu den Preisen einschließlich Zahlungsentgelt und Servicepauschale angezeigt.

Mit einem Teil des Klageantrags beanstandet die Verbraucherorganisation den Buchungsvorgang im Zusammenhang mit der Reiseversicherung. Mit einem weiteren Klageantrag wendet sich der Verbraucherschutzverband dagegen, dass der Interessent im dritten Buchungsschritt zur Auswahl eines Zahlungsmittels aufgefordert wird und bei Wahl einer anderen Zahlungsart als der American-Express-Karte sich der zuvor ausgewiesene Flugpreis um das Zahlungsentgelt und die Servicepauschale erhöht.

Es ging durch die Instanzen:

  • Das LG Berlin hat das Buchungsportal antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt.
  • Die Berufung des Buchungsportals ist vor dem Kammergericht Berlin ohne Erfolg geblieben.
  • Mit der vom Kammergericht zugelassenen Revision verfolgte das Buchungsportal seinen auf Abweisung der Klage gerichteten Antrag weiter, die Revision des Buchungsportals hatte vor dem BGH jedoch keinen Erfolg (BGH, Urt. v. 29.9.2016).

Bonn, den 15. Juli 2017 (Stand: 18.5.2017)
verantwortlich für Redaktion und Inhalt: Steuerberater Heribert Kohl, Grootestrasse 97, 53121 Bonn