Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
in unserer heutigen Kanzleiinformation „Reiserecht“ wollen wir wieder auf einige aktuelle Gerichtsentscheidungen hinweisen, in unserem ersten Urteil nehmen wir Bezug auf unsere Kanzleiinformation „Reiserecht und Reiseunrecht“ Nr. 191 v. 31.12.2016.

1. Reisemangel durch Unfall beim Transfer zum Urlaubsort
(1) Der Reiseveranstalter trägt das Risiko, den vereinbarten Reisepreis nicht zu erhalten, auch dann, wenn der Reiseeifolg durch Umstände vereitelt wird, die weder ihm noch dem Reisenden zugerechnet werden können.
(2) Die Verletzung des Reisenden bei einem Verkehrsunfall während des Transfers vom Flughafen zum Hotel begründet einen Reisemangel, auch wenn den Reiseveranstalter kein Verschulden an dem Unfall trifft. Wird der Reisende hierdurch so schwer verletzt, dass er keine weiteren Reiseleistungen in Anspruch nehmen kann, verliert der Reiseveranstalter regelmäßig den gesamten Anspruch auf den Reisepreis.

Was war geschehen?

Die Kunden, Eheleute, buchten beim Reiseveranstalter eine Pauschalreise für die Zeit vom 15. bis 29.12.2013 in die Türkei zum Preis von ca. EUR 1.500. Zu den Reiseleistungen gehörte auch der Transfer vom Flughafen zum Hotel.

Auf dieser Fahrt kam es zu einem Verkehrsunfall, bei dem der Transferbus auf der eigenen Fahrspur durch ein entgegenkommendes Fahrzeug gerammt wurde.

Beide Eheleute erlitten Verletzungen, derentwegen der Ehemann intensivmedizinisch betreut werden musste.

Die Kunden verklagten den Reiseveranstalter auf Rückzahlung des ganzen Reisepreises und auf Erstattung weiterer Kosten.

Es ging durch die Instanzen:

  • Das AG Neuss hatte im Urteil vom 17.2.2015 das Vorliegen eines Reisemangels bejaht und den Kunden die eingeklagten ca. EUR 1.500 nebst Zinsen zugesprochen. Weitere Ansprüche verneinte das AG Neuss.
  • Auf die Berufung des Reiseveranstalters hatte das LG Düsseldorf die Klage der Kunden gegen den Reiseveranstalter insgesamt abgewiesen!
  • Die Revision der Kunden beim BGH hatte Erfolg und führte zur Wiederherstellung des Urteils vom AG Neuss (BGH, Urt. v. V6.12.2016).

2. Ausgleichsanspruch für Flugverspätung nach Beschädigung des geparkten Flugzeugs

Die Beschädigung eines auf einer Außenposition abgestellten Flugzeugs durch einen Gepäckwagen, der nicht hinreichend gegen unkontrolliertes Wegrollen gesichert war und durch den Turbinenstrahl eines anderen Flugzeugs in Bewegung gesetzt worden ist, stellt grundsätzlich keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der Europäischen Fluggastrechte-Verordnung dar.

Was war geschehen?

Die Kunden begehren von der beklagten Fluggesellschaft eine Ausgleichszahlung wegen Verspätung eines Flugs von Frankfurt a.M. nach Windhoek. Der von den Kunden gebuchte Flug sollte planmäßig am 1.6.2014 um 20.10 Uhr starten und am Tag darauf um 5.30 Uhr landen. Die tatsächliche Ankunftszeit war jedoch 18.30 Uhr.

Als Grund für die Verzögerung gab die beklagte Fluggesellschaft an, das eingesetzte Flugzeug sei am Tag des geplanten Abflugs beschädigt worden, als es in Frankfurt a.M. auf einer Parkposition gestanden habe und zwei Gepäckwagen mit ihm kollidiert seien, die nicht hinreichend gegen unkontrolliertes Wegrollen gesichert und durch den Turbinenstrahl eines anderen Flugzeugs in Bewegung versetzt worden seien. Wegen der Beschädigung habe die Fluggesellschaft ein anderes Flugzeug einsetzen müssen, das aber erst am 2.6. in Frankfurt a.M. eingetroffen sei.

Auch hier ging es durch die Instanzen:

  • Das AG Frankfurt a.M. hat im Urteil vom 9.3.2015 den beklagte Fluggesellschaft zur Zahlung von insgesamt EUR 1.200 nebst Verzugszinsen verurteilt.
  • Die Berufung der Fluggesellschaft ist vor dem LG Frankfurt a.M. im Urteil vom 25.6.2015 erfolglos geblieben.
  • Die vom LG Frankfurt a.M. zugelassene Revision der Fluggesellschaft zum BGH hatte keinen Erfolg (BGH, Urt. v. 20.12.2016).

Anmerkungen:
1. Wenn Sie den vollständigen Wortlaut der Urteilsbegründungen in vollem Umfang lesen möchten, bitte fordern Sie – wie üblich kostenlose — Fotokopien in unserer Kanzlei an.
2. Wenn Sie sich intensiver mit Reiserecht befassen wollen oder müssen, so empfehlen wir Ihnen die Zeitschrift für das Tourismusrecht „ReiseRecht aktuell“ der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht e.V. (DGfR), Gutenbergplatz 1, 65187 Wiesbaden.
3. Vielleicht wollen Sie aber auch im Internet schmökern, zum Beispiel bei den Adressen: www.dgfr.de oder www.dgfr-online.de/newsletter/newsletter.html

Bonn, den 10. Juni 2017

verantwortlich für Redaktion und Inhalt: Steuerberater Heribert Kohl, Grootestrasse 97, 53121 Bonn