Mittelstandsverband sieht Tausende Unternehmen in ihrer Existenz gefährdet
Pressemitteillung 10.03.2020
Die Allianz Selbständiger Reiseunternehmen – Bundesverband e.V. (asr) zieht ein gemischtes Fazit der gestrigen Telefonschaltkonferenz mit dem Tourismusbeauftragen der Bundesregierung, dem Tourismusbeirat des BMWi und zahlreichen touristischen Verbänden. „Die Touristik ist stärker betroffen als alle anderen Branchen – dem trägt das BMWi Rechnung“, begrüßt Jochen Szech, Präsident das asr, die gestrigen Abstimmungsgespräche. „Die Vorschläge der Bundesregierung werden aber zu langsam umgesetzt und sind insgesamt nicht ausreichend“, zieht er Bilanz der Telefonkonferenz.
Der asr hatte gestern schriftlich an alle Abgeordneten des Bundestages sowie an das BMWi appelliert, den Veranstaltern und Reisebüros schnell und unbürokratisch zu helfen. Der Mittelstandsverband sieht die Hauptherausforderung in den gesetzlichen Regelungen, die die Lasten der Corona-Krise einseitig auf die Touristikbranche abwälzen. „Der §651 h (4) BGB, wonach Veranstalter bei Absagen aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände dem Kunden alle Gelder zurückzahlen müssen, ist für Pandemien wie die jetzige weder gedacht gewesen noch geeignet“, verdeutlicht Szech die Problematik, denn die Veranstalter würden ihrerseits die Kosten für bereits bezahlte Hotels und Flüge nicht zurückerhalten.
Der Mittelstandsverband fordert daher die Politik auf, Veranstaltern 50% der ihnen entstehenden Nettolasten aus diesen Zwangsabsagen bis zu einer Summe von €100.000 pro Unternehmen unbürokratisch und umgehend zu erstatten. Reisebüros sollen in gleichem Umfang ihre Ansprüche auf Provisionszahlungen geltend machen können, fordert der asr.
Zudem verlangt der asr eine Verschiebung der für den 1.4.2020 geplanten Erhöhung der Luftverkehrssteuer. „Das können die mittelständischen Veranstalter schlichtweg nicht auch noch stemmen“, so Szech. „Zehntausende von Tickets haben wir Veranstalter vor der gesetzlichen Neuregelung schon für den Sommer 2020 verkauft und sollen nun die höhere Steuerlast tragen, die wir nicht an die Kunden weitergeben können – das alleine kostet uns noch einmal 30 Mio. Euro“, erinnert Szech an die Hauruck-Aktion des Bundes kurz vor Weihnachten.
„Die vorgestellten Maßnahmen des BMWi, wie KfW-Kredite oder Kurzarbeit, können keinesfalls die dringend benötigte umgehende Wirkung entfalten“, bemängelt der asr-Präsident die Überlegungen des BMWi als gut gemeint, aber wenig wirksam. „Die Behörden sind jetzt schon überlastet – bis die Reform der Kurzarbeit-Regelung den Bundestag passiert hat und bei den Arbeitsämtern ankommt, wird es für viele Unternehmen zu spät sein“, fürchtet Szech. Der asr verweist darauf, dass in Österreich entsprechende Ausgleichsregelungen für betroffene Unternehmen deutlich zügiger umgesetzt wurden.
Die Mitglieder des asr hatten in einer verbandsinternen Umfrage von Umsatzrückgängen bis zu 80% und wirtschaftlichen Schäden berichtet, die schon jetzt teils im sechsstelligen Bereich liegen. „Die ersten Marktaustritte haben wir schon. Aber anders als im Falle Thomas Cook trifft es derzeit viele wirtschaftlich gesunde, innovative und wettbewerbsfähige Unternehmen.
Wenn nicht umgehend Hilfe kommt, droht eine Pleitewelle, die einmal mehr die Obergrenze von 110 Mio. Euro Haftungssumme pro Versicherer sprengen kann“, verweist Szech auf die ein halbes Jahr nach der Cook-Pleite immer noch ausstehende Neuordnung der Insolvenzabsicherung und erklärt: „Statt dann erneut einzuspringen und den Kunden die Schäden zu ersetzen, sollte der Bund lieber sofort handeln – das ist sinnvoller und billiger.“