Mittelstandsverband und DHBW Ravensburg veröffentlichen Untersuchungsergebnisse

Pressemitteilung 26.05.2020

83% der mittelständischen Veranstalter und Reisebüros sind aktuell in ihrer Existenz bedroht. Zudem sind Tausende von Ausbildungsplätzen sowie Verträge für duale Studiengänge im Herbst 2020 akut gefährdet. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung, die die Allianz Selbständiger Reiseunternehmen – Bundesverband e.V. (asr) in Zusammenarbeit mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Ravensburg Mitte Mai durchgeführt hat und deren Ergebnisse jetzt veröffentlicht wurden.

„Nicht mal mehr ein Drittel der Unternehmen ist zuversichtlich, am Jahresende noch zu bestehen“, weist asr-Präsident Jochen Szech auf ein weiteres wichtiges Ergebnis der Umfrage hin. Der Mittelstandsverband sieht auch nach den jüngsten Entwicklungen kein Licht am Ende des Tunnels, so Szech weiter: „Die Lage wird von Tag zu Tag prekärer. Dazu trägt die Mogelpackung der Bundesregierung bei der Gutscheinlösung ebenso bei wie die fehlende Vorgabe an die Lufthansa, von den erhaltenen staatlichen Hilfen erst einmal ihre Außenstände bei Kunden, Reisebüros und Veranstaltern in Höhe von 2 Mrd. Euro zu begleichen.“

Auch die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben asr und DHBW untersucht: 38% der befragten Reisebüros und Reiseveranstalter haben bereits Mitarbeiter entlassen müssen, in 79% der Betriebe ist Kurzarbeit eingeführt. „Das ist bereits jetzt eine persönliche Katastrophe für Tausende Beschäftigte“, resümiert der asr-Präsident, weist aber auf ein noch größeres Problem hin, das im Herbst droht: „Etliche Betriebe haben bereits die Verträge mit angehenden Auszubildenden und dualen Studenten aus wirtschaftlichen Gründen kündigen müssen – hochgerechnet auf die Branche gehen damit 4.900 Studienplätze und Ausbildungsstellen verloren!“

Nach den Untersuchungsergebnissen von DHBW und asr wird erst 2023 weitgehend Stabilität in den Markt eingekehrt sein. „Unsere Branche wird dann junge, gut ausgebildete Kräfte brauchen, um im internationalen Vergleich auch weiterhin bei Digitalisierung und Innovation die Nase vorn zu behalten – daher müssen wir jetzt, 2020, in deren Ausbildung investieren!“ fordert Szech und liefert ein weiteres Argument gleich mit: Die meisten Unternehmen wären bei angemessener finanzieller Förderung sogar bereit, mehr Ausbildungsplätze als bisher anzubieten, ergab die Untersuchung des asr. Szech fordert von Bund und Ländern: „Wer Kurzarbeit bei Festangestellten bis zu einem Jahr lang mit bis zu 87% fördert, muss das auch bei den Ausbildungsvergütungen tun!“

Prof. Dr. Alexander Dingeldey von der DHBW Ravensburg denkt ebenfalls über die aktuelle Herausforderung hinaus: „Unsere Gäste werden auch in Zukunft wieder Reisen und die Welt entdecken wollen. Somit müssen wir kurzfristig den vielen Unternehmen das Überleben sichern. Besonders das Thema Aus- und Weiterbildung darf jetzt nicht zu kurz kommen: Wir brauchen spätestens in drei Jahren wieder gut ausgebildete und motivierte Kollegen.“

Szech erläutert: „Viele weitere Ergebnisse der Untersuchung liefern endlich belastbare Zahlen für bisher nur gefühlte Wahrheiten.“ Jedes Storno verursache im Schnitt über eine Stunde Arbeit – und zwar sowohl beim Reisebüro als auch beim Veranstalter. „Wo andere Branchen Zeit hatten, sich neu zu orientieren, müssen wir seit Anfang März unentgeltlich arbeiten und die vergangenen sechs Monate komplett rückabwickeln“, fasst Szech die Herausforderungen der letzten Monate zusammen.

Das sei nur zu stemmen, wenn endlich der Touristik-Fonds zur Auslagerung der derzeit uneinbringlichen Forderungen an die Airlines komme und dazu die dringend benötigten direkten Beihilfen, um die Einnahmeverluste zu kompensieren.

Besonders beim letzten Punkt zeigt sich Szech zutiefst enttäuscht: „Die sogenannten Soforthilfen sind Monate nach ihrer Ankündigung bei vielen Unternehmen noch immer nicht eingetroffen. Zudem sind diese nicht ausreichend: Man kann nicht einen Friseurbetrieb, der sechs Wochen schließen musste, und ein Reisebüro, dem sechs Monate Umsatz entfallen, über einen Kamm scheren und finanziell gleichbehandeln.“