Mittelstandsverband lehnt aktuelles Modell als nicht zeitgemäß ab

Pressemitteilung 10.06.2020

„Dieser Entwurf ist schon vor Veröffentlichung veraltet.“ Jochen Szech, Präsident der Allianz Selbständiger Reiseunternehmen – Bundesverband e.V. (asr) hat heute mit deutlicher Kritik am BMJV auf den nun vorliegenden Entwurf der Neuregelung der Insolvenzabsicherung reagiert.

Der Mittelstandsverband kann nicht erkennen, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie in irgendeiner Weise Eingang in die Überlegungen gefunden haben. asr-Präsident Jochen Szech kritisiert: „Angesichts der wirtschaftlichen Verwerfungen in der Branche müssen sowohl das Inkrafttreten der Neuregelung als auch der Übergangszeitraum der staatlichen Absicherung noch einmal realitätsgerecht angepasst werden.“ Der asr zeigt sich verständnislos angesichts der Tatsache, dass das bundeseigene Kompetenzzentrum für Tourismus von einer Erholung der Branche nicht vor 2023 ausgeht: „Dann kann auch die Insolvenzabsicherung nicht früher standardisierte Kriterien ansetzen, sondern muss den Belastungen durch die Corona-Pandemie ebenfalls noch für die nächsten drei Jahre Rechnung tragen“, fordert Szech.

Der Entwurf stellt trotz ausdrücklicher Warnung des asr und weiterer Verbände der Branche das bisherige Absicherungssystem insgesamt und pauschal in Frage, obwohl dieses System sich 25 Jahre lang bei Insolvenzen von mittelständischen Veranstaltern für Verbraucher, Versicherer und Veranstalter bestens bewährt habe. Aus Sicht des asr besteht nach wie vor ausschließlich die Notwendigkeit einer Änderung für Veranstalter, deren Insolvenz das jetzige System sprengen würde, so wie es bei Thomas Cook der Fall war. „Weil TUI & Co weder ausreichend abgesichert noch ‚too big to fail‘ sind, benötigen die Verbraucher hier endlich einen ausreichenden Schutz – aber es gibt doch überhaupt keinen Grund, den Mittelstand jetzt stärker zu belasten“ widerspricht Szech dem Neukonzept.

Der asr bedauert zudem, dass er zwar wie andere größere Verbände in die Überlegungen zur Neugestaltung der Insolvenzabsicherung von Anfang an eingebunden war, jetzt aber das Ergebnis aus der Presse erfahren musste: Weder erfolgte eine Abstimmung des Entwurfs mit den betroffenen Verbänden, noch erfolgte die Kommunikation in wünschenswerter Weise. „Es bleibt der Eindruck, dass hier im Schatten aller Corona-Themen eine mit heißer Nadel gestrickte, aber substantielle Gesetzesreform möglichst unauffällig und schnell noch vor der Sommerpause durch die Instanzen gebracht werden soll“, kritisiert Szech.

Der asr bemängelt zudem, dass wesentliche kaufmännische Eckpunkte des neuen Modells noch offen sind. Unklar ist unter anderem, welche Beträge von den Veranstaltern gefordert werden. Der asr erwartet, dass hier einheitliche Kriterien angesetzt werden. Szech dazu: „Da Großveranstalter bisher nur einen Teil, aber nicht das gesamte Volumen ihres Umsatzes absichern mussten, hatten sie faktisch einen Wettbewerbsvorteil, den es nun zwingend zu beheben gilt – das können wir hier noch nicht erkennen.“

Auch in anderen Punkten habe die Politik ihre Hausaufgaben nach wie vor nicht gemacht: „Noch immer fehlt eine Regelung, die Verbraucher und Veranstalter auch bei Insolvenzen von Fluggesellschaften wirksam absichert – die Ignoranz des BMJV in diesem Punkt ist nicht mehr zu überbieten.“