Diese Laudatio wurde anlässlich der Mitgliederversammlung 2019 in Prag von Martin Pundt auf unser Ehrenmitglied Peter Maciejewski gehalten.
Prag, 09.11.2019
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
kommen Sie mit auf eine kleine Reise, zurück in vergangene Zeiten. Genauer gesagt: In die Zeit als Helmut Schmidt noch Bundeskanzler war, die Concorde ihren regelmäßigen Flugbetrieb aufnahm und Uli Hoeneß im EM-Finale gegen die damals noch bestehende CSSR den entscheidenden Elfmeter in den Nachthimmel von Belgrad hämmerte. Richtig: Es ist natürlich das Jahr 1976 gemeint, das Jahr, in dem die DDR ihren Palast der Republik einweihte.
Einige Nummern kleiner war das Projekt, das im Februar 1976 im Frankfurter Umland, genauer gesagt: in Dreieich stattfand: Sieben Unternehmer – darunter Peter Maciejewski – gründeten den „Arbeitskreis Selbständiger Reisebüros in Hessen“, kurz ASR. Auch im DRV rumorte es: Dort gründeten engagierte Reisebürokollegen die Arbeitsgruppe selbständiger Reisebüros im DRV – beide Arbeitskreise (ein Verband war ursprünglich nie geplant) schlossen sich am 31. Mai 1976 zum asr e.V. zusammen, also genau den Verband, der noch heute unser aller politische und wirtschaftliche Heimat ist.
Der Grund war damals so aktuell wie heute: Die mittelständischen Unternehmer fühlten sich im DRV nicht ausreichend vertreten, weil in diesem – 1976 wie 2019 – die großen Unternehmen die Verbandsarbeit in einem Maße bestimmten und bestimmen, dass Mittelständler – und schon gar die Reisebüros unter ihnen – ihre Interessen im DRV nicht ausreichend vertreten und berücksichtigt sahen. Das Ausmaß an Willkür der Mächtigen, wenn es um Fragen der Vergabe einer DB-Lizenz oder IATA-Lizenz ging, um Hotelgutscheine oder Graumarkttickets ist heute kaum noch vorstellbar: In Gutsherrenmanier wurden Monopole verwaltet und Konkurrenz im Keim erstickt.
Seit damals hat unser Verband sehr viel erreicht, was wir vor allem engagierten Mitgliedern wie Peter Maciejewski verdanken. Der asr ist nach wie vor die führende – und oftmals die einzige – Stimme des mittelständischen Tourismus, wenn es darum geht, politische Rahmenbedingungen mitzugestalten, faire Vertriebsbedingungen mit Quasi-Monopolisten wie der Lufthansa und der DB auszuhandeln, mittelständische Rechte in Berlin und Brüssel einzufordern oder in anderer Art und Weise die Belange der selbständigen Unternehmer energisch, konsequent, nachhaltig und auch mal laut zu vertreten.
In einem heute kaum mehr vorstellbaren Maße sind die Gründerväter weit ins persönliche wirtschaftliche Risiko gegangen und nicht wenige standen mehr als einmal an der Schwelle zur Insolvenz, weil der Kampf David gegen Goliath sehr viel Zeit und Geld kostete und es schon in den 80ern und 90ern des letzten Jahrhunderts oft heiße verbandsinterne Diskussionen um die richtige Strategie im Kampf um faire Vertriebsbedingungen gab.
Das Ringen um den richtigen Weg für den Verband und seine Mitglieder in schwierigen Zeiten hat im asr also Tradition und ist keinesfalls erst in München, Kassel, Leipzig oder Wien erfunden worden.
Als Verband schauen wir naturgemäß nach vorne, auf die anstehenden Aufgaben. Als Mitglieder aber blicken wir heute auch zurück, mit Respekt vor den Gründern des asr und mit Dankbarkeit für die geleistete Aufbauarbeit. Manch einer wird sich mit Wehmut erinnern an die Zeiten, als der ASR noch größer war – aber im Gegensatz zum Palast der Republik stehen wir noch und sind auch noch keinesfalls überflüssig geworden. Manch einer schaut vielleicht auch mit etwas Demut auf die vergangenen Jahre, in Anlehnung an John F. Kennedy: Frage nicht, was Dein Verband für Dich tun kann, sondern frage Dich, was Du für Deinen Mittelstandsverband tun kannst. Denn für den Verband und den Mittelstand zu arbeiten und zu kämpfen, sich ohne Rücksicht auf Verluste als „Kleiner“ mit den „Großen“ anzulegen, wenn es denn den selbständigen Unternehmern dient: Das war das täglich Brot des Mannes, der längst schon verdientes Ehrenmitglied des asr ist und der uns heute noch einige Worte zum Geleit mitgeben wird.